Bevor die Ultras auf beiden Flügeln Feuer riechen, möchte ich sie beruhigen:
Es geht in keinster Weise um „Anarchie“, sondern um den Perspektivwechsel,
den jeder von uns einnehmen sollte, damit es wieder vorwärtsgeht.
Wie schön, dass es jüngst hierzu ein schönes Beispiel gab :
„Island hat in der Finanzkrise einen anderen Weg
gewählt als zum Beispiel Irland, Portugal oder Spanien.“
In Island fand ein einzigartiges politisches Experiment statt :
Vier Jahre lang regierten Anarchisten die Hauptstadt Reykjavik. Und diese
Amateure unter (dem damaligen) Bürgermeister Reykjaviks Jon Gnarr haben
Erstaunliches vollbracht. Das Wahlprogramm beinhaltete unter anderem
Gratis-Handtücher für alle Schwimmbäder und ein Eisbär für den Zoo der Stadt :
Als die Stimmen ausgezählt waren, sagte die Premierministerin von Island,
das Ergebnis sei ein «Schock». Den Schock teilten an diesem Abend so gut
wie alle. Die bisherigen Parteien, weil sie die Wahl verloren hatten.
Und die neue Partei, weil sie die Wahl gewonnen hatte.
Ein solches Resultat hatte es noch nie gegeben, nicht in Island, nicht
sonst wo auf der Welt. Dabei war Reykjavik eigentlich eine verlässlich
konservativ stimmende Stadt gewesen. Das war nun Vergangenheit.
Mit 34,7 Prozent hatte die Stadt eine neue Kraft an die Macht gewählt:
die Anarchosurrealisten. Deren Spitzenkandidat, Jon Gnarr, von Beruf
Komiker, betrat bleich den tobenden Saal voller betrunkener Anarchisten.
Er hob fast schüchtern die Faust und sagte :
«Welcome to the revolution!» Und: «Hurra für alle möglichen Dinge!»
Gnarr war nun Bürgermeister von Reykjavik. Nach dem Premierminister war
dies das zweitwichtigste politische Amt auf der Insel: Ein Drittel aller
Isländer lebt in der Hauptstadt; ein weiteres Drittel pendelt dorthin.
Die Stadt ist Islands grösster Arbeitgeber, ihr Bürgermeister der
Chef von 8000 Beamten. Kein Wunder, schockierte das Wahlresultat.
Denn Reykjavik steckte tief in der Krise. Der Bankencrash hatte
alles gleichzeitig an den Rand des Bankrotts gebracht :
Staat, Stadt, Firmen und Einwohner
Und die anarchosurrealistische Partei, getauft «Die Beste Partei»,
bestand im Wesentlichen aus Rockstars, fast alle ehemalige Punks.
Kein Einziger hatte je in einem politischen Gremium gesessen.
Ihr Slogan zur Bewältigung des Crashs hiess :
«Mehr Punk, weniger Hölle!»
Was war in die konservativen Wähler von Reykjavik gefahren ?
Jedenfalls zeigten sie Mut. Sie taten am 27. Mai 2010
etwas, wovon sonst alle immer nur redeten :
Sie entzogen den Politikern die Macht. Und übertrugen sie den Amateuren.
Und so begann ein einzigartiges politisches Experiment …
… den ganzen, höchst aufschlussreichen Artikel könnt ihr hier lesen,
mit den besten Empfehlungen an Mutti und das um seine Rente angstende Beamtentum.