Um es vorwegzunehmen. Ich stehe auf unsere Polizei. Sie ist der Prügelknabe der
Nation, alle schimpfen und prügeln auf sie ein, die Politik mißbraucht sie. Doch
im Falle München sich jetzt auf die Schultern zu klopfen und zu meinen, es sei
alles in Ordnung und wir könnten weitermachen wir bisher, das ist es eher nicht.
Da wird unisono die Professionalität der Polizei gelobt. Von der Arbeit des Pressesprecher
einmal abgesehen, habe ich mich die ganze Zeit gefragt, wer benutzt heute eigentlich diese
alten Uniformen der 70er-Jahre (beige Hose, grünes Jacket)? Selbst das kaputtgesparte Berlin
hat neue, blaue Uniformen.
Für mich war Bayern noch ein Ort, wo die Welt noch in Ordnung war. The first line of defence.
Pustekuchen. Das war wohl einmal. Ich bin im Gegensatz breiten Öffentlichkeit nicht
stolz oder beruhigt. Ganz im Gegenteil, ich bin zutiefst beunruhigt. Wenn diese
Polizeiarbeit in München der Maßstab war, Leute, dann sind wir sowas von im Arsch.
Bei der Befreiung der Geiseln der Lufthansa-Maschine Landshut im somalischen Mogadischu
durch die GSG 9 im Jahre 1977 war ich stolz. Mir war klar, sollte ich jemals eine Geisel
werden, egal wo auf der Welt, diese Jungs würden mich rausholen.
Der Einsatz von München hat meine Zuversicht nachhaltig beschädigt.
Deutschland verfügt über ein Heer an Spezialeinsatzkräften: GSG 9 und BFE+ auf Bundesebene
der Polizei, das KSK der Bundeswehr, SEK’s und MEK’s der Polizeien der Länder.
Gute, professionelle Einheiten, die gegen Terror gut aufgestellt sind und international
einen hervorragende Ruf haben, mit zur Spitze weltweit gehören. Nicht zu vergleichen mit
dem Auftreten bei der Geiselnahme israelischer Sportler durch arabische Terroristen 1972
bei der Olympiade in München.
Doch bevor wir uns alle beruhigt zurücklehnen, muss man die Fragen stellen, wie ein
18 jähriger Spinner mit einer Pistole 3 Stunden lang 3.000 Polizeibeamten beschäftigen
konnte, zwischenzeitlich 9 Menschen erschoß, bevor er sich selbst seiner natürlich
Bestimmung zuführte?
Man stelle sich nur vor, wie die Nacht gelaufen wäre, wenn nicht nur dieser 18jährige
Vollidiot um sich geschossen hätte, sondern ein Team von IS-Terroristen, ausgestattet
mit Kalaschnikows, Pistolen, Handgranaten und weitere Sprengmittel, motiviert bis in
die Haarspitzen und Hass auf die ganze Welt? Da kann man sich schon Sorgen machen,
denn der IS hat das Personal für solche Aktionen bereits mit dem Flüchtlingsstrom
und über andere Wege in dieses Land eingeschleust.
Ich sehe schon den Jubel in islamischen Foren, die Freude darüber, dass ein einsamer Wolf,
ein Löwe von der großen Anzahl der Polizisten nicht gestoppt wurde. Das wird Nachahmer finden.
Man stelle sich vor, Ali S. hätte sein schändliches Werk nicht in München, sondern im
McDonalds auf dem Jerusalem Boulevard 15 in Tel Aviv begonnen. Ich wette, der Schmutzlappen
wäre schneller gestoppt worden und es hätte eher keine 3 Stunden gedauert und es wären keine
3.000 Polizisten notwendig gewesen.
Zum Suizid wäre es sich nicht gekommen, dafür hätte der keine Zeit gehabt.
Er wäre mit der Waffe nicht mal ins Restaurant gekommen,
weil es in Israel vor jeder Mall Taschenkontrollen gibt.
Deutschland wird sich ändern müssen und es muß sich schnell ändern. So wie es doch
heute normal ist, dass bei Großveranstaltungen oder bei Gericht Taschenkontrollen
durchgeführt werden und Körper abgetastet werden, so muss es normal werden, dass dies
bei jedem Einkaufszentrum, jeder Bank oder Post Kontrollen durchgeführt werden.
Das ist der Preis der Freiheit. Eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht und umkommen kann
man auch, wenn man den Hund ausführt, aber derartige Amokläufe wären schon im Ansatz
vorbei. Wir müssen aus solchen Anschlägen, ob islamistisch motiviert, IS-gesteuert und
einfach nur durch einen Dummbeutel, lernen und unser Verhalten der Station anpassen.
Ich bezweifle jedoch nachhaltig, ob Deutschland dazu in der Lage ist.
Vielleicht erst nach Anschlägen, wie sie in Frankreich
geschehen sind und selbst da bin ich mir nicht sicher.