Es existiert ein Unterschied, ob jemand (verliehene) Autorität hat oder eine Autorität ist.
Viele kennen diesen Unterschied: Es gab vereinzelt (sehr selten) Lehrer
bei uns in der Schule, denen man wie gebannt zuhörte. Diese Lehrer mussten
keinerlei Sanktionen verhängen ,mussten nicht zur Stille und Aufmerksamkeit
mahnen, ja man erledigte sogar mit einem gewissen Eifer sämtliche Hausaufgaben,
weil man sich nicht vor ihnen bloßstellen oder gar blamieren wollte.
Diese Lehrer waren nicht nur Koryphäen in ihren jeweiligen Fachrichtungen,
sondern stachen auch durch eine außergewöhnliche und überzeugende Persönlichkeit
hervor, die man insgeheim bewunderte. Sie waren Autoritäten, weil sie authentisch
waren und ihr Handeln absolut mit ihrem Sein und ihren Überzeugungen übereinstimmte.
Das sah man (zumindest ich) ihnen meist auch auf den ersten Blick an. Heute
gibt es diese Persönlichkeiten zumindest in Deutschland fast gar nicht mehr.
So wenig, wie es noch richtige „Staatsmänner“ gibt. Solche Menschen lässt
das „System“ nicht mehr entstehen.
Wir sind zu einer Gesellschaft geworden, die zum Untergang verurteilt ist.
Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche – sofern sich nichts ändert.
Und woher sollte diese Änderung kommen?
Wir Deutschen sind in eine Sackgasse geraten, deren Rückweg mit den vom Mörtel
politischer Korrektheit verbundenen Ziegeln von Technokratie und politischem
Funktionalismus zugemauert wurde – und wir sind da keineswegs die Ausnahme.
Der Niedergang beginnt immer in den Köpfen –
und die wurden den Völkern gründlich gewaschen!
Anbei das Zitat eines Deutschen, der noch Autorität kraft seiner Persönlichkeit
hatte. Es liegt ein höherer Grad von Unterschied zwischen diesem Deutschen und
heutigen Politikern und Intellektuellen als zwischen Mensch und Affe.
„Wir können heute nicht mehr die Märtyrer verstehen, die sich in die Arena warfen,
ekstatisch schon über alles Menschliche, über jede Anwandlung von Schmerz und
Furcht hinaus. Der Glaube besitzt heute nicht mehr lebendige Kraft.
Wenn man dereinst auch nicht mehr verstehen wird, wie ein Mann für sein Land das
Leben geben konnte, und diese Zeit wird kommen, dann ist es vorbei, dann ist die
Idee des Vaterlandes tot und dann wird man uns vielleicht beneiden, wie wir jene
Heiligen beneiden, um ihre innerliche und unwiderstehliche Kraft.
Denn alle diese großen und feierlichen Ideen blühen aus einem Bewußtsein heraus,
das im Blute liegt und das nicht zu erzwingen ist. Im kalten Licht des bloßen
Verstandes wird alles der Nutzbarkeit unterworfen, verächtlich und fahl.
Uns war es noch vergönnt in den unsichtbaren Strahlen großer Gefühle
zu leben. Das bleibt uns unschätzbarer Gewinn. Aber nun wird es aus
sein, wenn auch dies noch dahin ist.“
von Ernst Jünger