
Bekanntlich sind die öffentlichen Kassen leer, und ständig führen die Segnungen der EU
dazu, daß aufgrund von massiver Anwerbung, zu der natürlich niemand das Volk befragt hat,
ständig ‚Fachkräfte‘ zu uns strömen, deren fachliche Qualifikationen nicht selten in der
Sendung ‚Aktenzeichen xy‘ einfühlsam nachvollzogen werden, und die merkwürdigerweise zum
sofortigen Lieblingspublikum bei den Sozialkassen gehören.
Diese Kassen müssen gefüllt werden, ein beliebtes Mittel dazu ist die Massenproduktion
von Bußgeldbescheiden (maschinell erstellt, nicht unterschrieben….) zu unseren Lasten
als Verkehrsteilnehmer mit regelmäßiger Dauerhektik im Hamsterrad.
Man kennt das. Nicht nur die Straßen dieser Musterrepublik zerstören uns die Fahrgestelle
lange vor dem MHD, sondern auch die Benutzung dieser Löcherpisten wird durch eine wenig
populäre Art von Wegelagerern zum Alptraum gemacht, die sich ihre Datensammelwut nicht
nur schmerzlich bezahlen lassen, sondern auch nicht selten dafür sorgen wollen, daß die
Mobilität des Bürgers, die ohnehin bereits durch Steuern und Spritpreise heftig bekämpft
wird, noch weiter abnimmt, nämlich durch Fahrverbote oder Führerscheinentzug.
Man bedient sich dabei elektronischer Vorrichtungen, die nicht nur Geschwindigkeiten und
Abstände aufgrund geheimer Methoden messen, sondern auch Bilder der Beteiligten Fahrer und
Beifahrer erstellen. Bereits seit langer Zeit hat man erlebt, daß mutige Richter diesem Spuk
eine Ende setzten, weil sie keine gesetzliche Grundlage für dieses Treiben finden konnten.
Andere monierten, daß diese Knipserei einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine
und informationelle Selbstbestimmungsrecht darstelle, das allenfalls nur durch eine
astreine gesetzliche Grundlage ausnahmsweise erlaubt sein könne.
Wie ist der Stand der Rechtsprechung dazu ?
Das Bundesverfassungsgericht marschierte vorweg.
In einem Nichtannahmebeschluß AZ.: 2 BvR 941/08 sah das Gericht im häufig anzutreffenden
Verkehrskontrollsystem VKS 3.0 einen mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage unzulässigen
Eingriff in das sich aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs.1 GG ergebende Recht auf
informationelle Selbstbestimmung.
Unter Beachtung dieser Vorgaben wies das OLG Oldenburg mit Beschluß vom 27.11.2009 –
Ss Bs 186/09 die Rechtsbeschwerde der StA Osnabrück sowie der beigetretenen GenStA
Oldenburg kostenpflichtig zurück.
Tragendes Argument war, daß wegen der mit Dauervideoüberwachung verbundenen relativen
Heimlichkeit so schwer in das Persönlichkeitsrecht des Fahrers eingegriffen werde, daß
hieraus nicht nur bereits ein Beweiserhebungsverbot, sondern auch ein endgültiges
Beweisverwertungsverbot resultiere.
Schon das Bundesverfassungsgericht hatte seinen Beschluß so begründet, daß
dieses Verbot wegen fehlender gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage nicht nur
für Videoaufzeichnungen gelten muß, sondern auch für Fotos stationärer Anlagen,
desgleichen für Radarfotos oder Verfolgervideos aus Polizeifahrzeugen.
Wie man sich leicht denken kann, wird der Druck der leeren Kassen jedoch wesentlich größer
sein als die Rechtshörigkeit mancher Amtsrichter, so daß jedem geraten werden muß, auf jeden
Fall Rechtsbeschwerde nach §§ 79 ff OWiG einzulegen, da hierzu alle Veranlassung besteht.
Kenner der Materie haben herausgefunden, daß sich diese Sicht der Dinge zugunsten der
Betroffenen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Anschluß an das
„Volkszählungsurteil“ – BVerfGE 65, 1/42 stützt, und die inzwischen als gefestigt anzusehen
ist (dazu BVerfGE 100, 33/56; 113, 29/45).
Der Streit wird demnach weitergeführt, ob sich dennoch z.B. für stationäre Anlagen,
die inzwischen liebevoll getarnt werden, nicht doch eine gesetzliche Rettung für die
leerenKassen gefunden werden kann.
Juristischer Einfallsreichtum ist gefragt und meldete sich erwartungsgemäß auch zu Wort.
Eine solche gesetzliche Grundlage könnte in der StPO zu finden sein. Nach § 46 Abs.1
OWiG gelten ausdrücklich u.a. die Vorschriften der StPO auch im Bußgeldverfahren.
Bei den Aufgaben der Polizei wird dies in den §§ 53 ff OWiG nochmals wiederholt.
Das Amtsgericht Saarbrücken glaubt, die Kassenrettung über die $$ 163 b und 81 b StPO
(betr. erkennungsdienstliche Behandlung) gefunden zu haben. Das OLG Bamberg tippte
zugleich mit dem AG Schweinfurt auf den $ 100 h StPO, der zu den ‚weiteren Maßnahmen
ohne Wissen des Betroffenen‘ auch Lichtbildaufnahmen außerhalb von Wohnungen vorsieht.
Das AG Meißen liegt auf dieser Linie, will die Anwendung der genannten
Vorschriften der StPO jedoch nur mit gewissen Einschränkungen zulassen.
Das AG Grimma entschied im Beschluß vom 22.10.2009 – 3 OWi 151 Js 3302/09, daß
die strafprozessualen Normen auf diese Fälle überhaupt nicht anwendbar seien.
Es lohnt sich, die Argumentation zu verfolgen, denn
sie weist Spuren juristischer Denktätigkeit auf :
Nachdem strafprozessuale Vorschriften bereits auch in Mecklenburg-Vorpommern angewendet
wurden, müßte das Bundesverfassungsgericht in seiner o.a. Entscheidung diese Regelungen
in der StPO glatt übersehen haben, was für nicht sonderlich wahrscheinlich gehalten wird.
Darüber hinaus würde der $ 81 b StPO auch ausscheiden, weil die
dort aufgeführten Maßnahmen einen ‚Beschuldigten‘ voraussetzen.
Einen Beschuldigten bzw. Betroffenen gibt es aber erst, wenn über das Kennzeichen ein
Fahrzeughalter ermittelt wurde, über den dann ggf. der weitere Ermittlungsweg zum Fahrer führt.
Das Verfahren steht daher auf dem Kopf. Der $ 100 h StPO schließlich setzt zwar keinen
Beschuldigten voraus, verlangt aber ebenfalls, daß eine Betroffeneneigenschaft bereits
begründet ist. Begründung des AG Grimma: ‚Auch hieran scheitert eine Anwendung.
Wie oben bereits ausgeführt, erfolgt nach Einrichtung der Meßanlage eine automatische
Überwachung des fließenden Verkehrs durch die Anlage. Ebenso wurde die ‚Entscheidung‘
zur Auslösung der Fotoeinheit automatisch durch die Maschine getroffen.
Die Auswertung der gemachten Aufnahmen erfolgt erst im nachhinein an einem Computer.‘
Bei dieser Rechtslage sollte man sich größte Mühe geben, die Zustellung des
Bußgeldbescheides nicht zu verpassen, und auf jeden Fall per Einspruch die
o.g. Argumente vor Gericht zur Geltung zu bringen.
Danach steht der Weg über die Rechtsbeschwerde offen, denn es handelt sich
immer noch um grundsätzliche Rechtsfragen, für die eine Vereinheitlichng der
OLG-Rechtsprechung noch hergestellt werden muß.
An dieser Stelle sei nochmals allen Verkehrsteilnehmern dringend geraten, sich mit
einer guten Rechtsschutzversicherung auszustatten, denn solche Verfahren kosten
immer Geld und können gravierende Auswirkungen auf die Existenz haben.
Derzeit wird zwar aus irgendwelchen Gründen immer heftiger auf dem ADAC herumgehackt.
Ich meine aus eigener Erfahrung, daß der ADAC seinen Hilfsangeboten wie
versprochen vorbildlich nachkommt (Verdienst der ‚Gelben Engel‘) und daß
von ihm eine der brauchbarsten Rechtsschutzversicherungen angeboten wird,
die ich derzeit kenne, nach dem Motto : was andere versprechen… usw.
Zur Klarstellung :
Ich bin beim ADAC Mitglied und sonst nichts, aber
Mandanten mit ADAC-RS sind hier hoch willkommen!
Quelle : RA Lutz Schäfer