Hier ein recht trockenes Thema, es geht um den § 169 ZPO zum Thema „Beglaubigung“.
Bis zum 30. Juni 2014 bestand dieser Paragraph aus zwei
Absätzen, diese möchte ich als „unaufgeregt“ bezeichnen.
Nun, seit 01. Juli 2014 hat dieser Paragraph 169 ZPO Zuwachs bekommen,
dieser besteht aus den Absätzen 3), 4) und 5), die da lauten :
3)
Eine in Papierform zuzustellende Abschrift kann auch durch maschinelle
Bearbeitung beglaubigt werden. Anstelle der handschriftlichen Unterzeichnung
ist die Abschrift mit dem Gerichtssiegel zu versehen.
Dasselbe gilt, wenn eine Abschrift per Telekopie zugestellt wird.
4)
Ein Schriftstück kann in beglaubigter elektronischer Abschrift zugestellt
werden. Die Abschrift ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu versehen.
5)
Ein nach § 130b errichtetes gerichtliches elektronisches Dokument kann
in Urschrift zugestellt werden; einer Beglaubigung bedarf es nicht.
Fassung aufgrund des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs
mit den Gerichten vom 10.10.2013 m.W.v. 01.07.2014, (BGBI. I S.3786).
Achja, zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit
den Gerichten, habe ich da etwa einiges falsch verstanden ??
Also Rechtsverkehr „MIT“ den Gerichten, das würde eigentlich bedeuten,
daß diese maschinelle Bearbeitung (wider Treu und Glauben) auch für
die Anwaltschaft zur Vereinfachung gelten müsste ?!
Nein, da wiederum ist weit gefehlt, diese Gesetzes“reform“, in Windeseile
auf den Weg gebracht, dient einzig und allein der fortschreitenden Anonymisierung
der Verantwortlichen, während der Bürger und sein Anwalt in der Falle der Formalien
in jeder Hinsicht sitzen, sei es nur eine fehlende Unterschrift oder ein streikendes
Faxgerät, und schon ist der Prozeß verloren.
Seit wann kann eine elektronische Signatur „qualifiziert“ sein, allein diese
Äußerung und Feststellung trifft einen Bürger bei halbwegs gesundem Verstand
ins Mark und offenbart den Zustand dieses Staates !
Man befindet sich offensichtlich bzgl. Verantwortung auf dem Rückzug an
allen Fronten, Vorschub wird geleistet, `mal sehen, wie die Nachhut aussieht !
Es ist einfach unglaublich, mit welcher Windeseile hier neue Gesetze, d.h.
mit den Worten von Dr. Egon Schneider, „Gesetzesschrott“ von der Öffentlichkeit
unbemerkt durchgewunken werden, die u.a. den Rückzug der Verantwortlichkeit
immer rasanter machen.
Erst heute kam ein Schreiben von einem Amtsgerichts- ‚Präsidenten‘, der kurz
und bündig feststellte, daß bei seinem Gericht alles bestens läuft, wobei
das Landgericht als Beschwerdegericht doch ganz anderer Meinung war.
Was meinen Sie, wo sein abschließender ‚freundlicher Gruß‘ zu finden war ?
Natürlich einzig und allein auf einer Extraseite, losgelöst vom Inhalt.
Wenn einmal ein Kriminalist, Salafist oder Jihadist diese beiden Seiten
als Beweismittel präsentiert – wie heißt es dann? „Das kann jeder fabriziert
haben, das ist nicht von mir!“
Und wenn die Abschlußfloskeln ab sofort nur noch von Maschinen erledigt
werden dürfen, dann bekommt man eine gewisse Vorstellung davon, für
welchen Fall hier anscheinend vorgesorgt wird.
Alles wunderbar, nur wir Anwälte haben in voller Lesbarkeit für
alles zu unterschreiben, dies ohne die geringsten Ausflüchte.
Es würde schon problematisch werden, wenn als letzte Seite nur Unterschrift
und „Rechtsanwalt“ erscheinen würden, da solche ‚Witwen und Waisen‘ keinen
Bezug zum vorangegangenen Schriftsatz erkennen lassen, woraus sich wiederum
formelle Verwerfungsgründe herleiten lassen.
Quod licet iovi, non licet bovi !
(Was Jupiter darf, ist nicht jedem Rindvieh erlaubt!)
Quelle : RA Lutz Schäfer