Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – Entwicklung Art. 23

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Ist es rechtens, in einem bestehenden Gesetz einen Artikel einfach ersatzlos zu streichen und stattdessen einen anderen Artikel neu einzufügen?

Ja, natürlich ist das möglich und auch rechtens. Allerdings mit einer Einschränkung: Der neue Artikel darf nicht an derselben Position des alten stehen, sodass die Gesetzeshistorie erhalten bleibt.

Ein Beispiel: Man darf nicht einfach den kompletten Text von Artikel 23 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland entfernen und einen vollständig anderen Inhalt einfügen.

Selbstverständlich wird so was auch nicht gemacht – oder etwa doch?

Man nennt diesen Fall “Überblendung”, wenn der ursprüngliche Inhalt eines Gesetzesartikels komplett entfernt und anstatt diesem ein ganz anderer Text mit anderem Sinn eingefügt wird. Um Überblendung zu vermeiden wird üblicherweise ein Zusatzartikel eingefügt, beispielsweise Artikel 23a. So bleibt die Geschichte des Gesetzes nachvollziehbar.

Wenn dagegen wirklich eine Überblendung durchgeführt wird, dann besteht eindeutig die Absicht, etwas zu verbergen, was absolut unzulässig ist.

Nun, wurde das denn wirklich schon einmal gemacht? Womöglich am Grundgesetz der BRD? Oh ja, schauen Sie hier. Grundgesetz Artikel 23 alte Fassung bis zum 29.09.1990:

[Geltungsbereich des Grundgesetzes]

Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In den anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.

Und das hier ist die heutige Fassung von Artikel 23:

[Europäische Union]

(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.

(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.

(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahme des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.

(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.

(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten, die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen für den Bund führen können, ist die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.

(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind, soll die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen werden. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Lassen Sie das mal auf sich wirken.

Allein schon das Problem, dass sich viele frühere Gerichtsurteile auf diesen überblendeten Artikel 23 beziehen, macht diese Urteile nicht mehr nachvollziehbar. Schon direkt im Grundgesetz gibt es eine solche Referenzierung in Artikel 144:

(2) Soweit die Anwendung dieses Grundgesetzes in einem der in Artikel 23 aufgeführten Länder oder in einem Teil eines dieser Länder Beschränkungen unterliegt, hat das Land oder der Teil des Landes das Recht, gemäß Artikel 38 Vertreter in den Bundestag und gemäß Artikel 50 Vertreter in den Bundesrat zu entsenden.

Und nun schauen wir nicht nur nach der “Überblendung”, sondern nach dem Inhalt. Was war die Bedeutung des Artikel 23 alte Fassung? Er legte den Geltungsbereich des Grundgesetzes fest. Denn wenn man keinen Geltungsbereich für ein Gesetz festlegt, für wen oder was gilt dieses dann? Es muss sich ja auf ein Gebiet oder eine Völkergruppe beziehen.

In der Präambel des Grundgesetzes heißt es seit dem Wegfall von Artikel 23 alte Fassung:

Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben. Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.

Zählt eine Präambel mit zum Gesetz? Ich denke nicht – aber für wen oder was gilt dann das Grundgesetz?

Aber selbst wenn die Präambel Gesetzesgültigkeit hätte, was hat es mit dem Satz “…hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben” auf sich?

Wer ist denn das Deutsche Volk? Sind wir das, Sie und ich? Haben Sie uns das Grundgesetz gegeben? Ich war es jedenfalls nicht, also wer bitte war es dann, wer ist das “Deutsche Volk”? Und was hat das mit “Selbstbestimmung” zu tun?

Besteht die Möglichkeit, dass die BRD laut ihrem heutigen Grundgesetz gar kein gültiges Staatsgebiet mehr besitzt und es deswegen weggelassen wurde?

http://www.wahrheiten.org/blog/2008/11/02/fuer-wen-gilt-das-grundgesetz-der-brd/

2+4-Vertrag oder wie Sechse einen Vertrag über einen abwesenden Siebenten machen

Ich habe mir den 2+4-Vertrag mal unter dem Blickwinkel angeschaut, mit “das vereinte Deutschland” sei nicht die Bundesrepublik Deutschland nach dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik gemeint. Wenn man davon ausgeht, daß da sechs Vertragsparteien über das Fell eines Siebenten, politisch Abwesenden einen Vertrag geschlossen haben, ergibt das erstaunlich viel Sinn. Es war immer verwirrend für mich, warum die da im Text dauernd zwischen den Begriffen hin und her springen. Man fragte sich immer, wer ist denn nun wer? Und wer darf warum für wen Verpflichtungen übernehmen?

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Artikel 1 1. Es werden die Grenzen des “vereinten Deutschlands” festgelegt.

2. Das “vereinte Deutschland” und Polen werden die Oder-Neiße-Grenze noch in einem verbindlichen völkerrechtlichen Vertrag regeln.

3. Das “vereinte Deutschland” wird keine weiteren Gebietsansprüche geltend machen.

4. Die Regierungen der BRD und der DDR werden sicherstellen, daß die Verfassung des “vereinten Deutschlands” dem nicht entgegenläuft. (Hier die erste völkerrechtliche Unmögllichkeit. Wie wollen diese Regierungen das sicherstellen? Es gibt noch keine Verfassung des “vereinten Deutschlands”, inzwischen aber auch keine DDR-Regierung mehr. Diese Regierungen können völkerrechtlich doch gar nicht verantwortlich sein, wenn das “vereinte Deutschland” sich als Souverän eine Verfassung gibt.) Die Regelungen im Grundgesetz der BRD dürfen das auch nicht.

5. Die Alliierten nehmen diese Verpflichtungserklärung der Regierungen der BRD und der DDR entgegen, und wenn sie erfüllt sind (!), sind die Grenzen des “vereinten Deutschlands” endgültig bestätigt. (Wenn das Wörtchen wenn nicht wär. Die Verfassung des vereinten Deutschlands ist noch nicht geschrieben und erst recht noch nicht in Kraft.)

Artikel 2 Die besagten Regierungen übernehmen Verantwortung dafür, wie sich das “vereinte Deutschland” verhalten wird. (Wie wollen sie das machen, sie sind als Außenstehende einem Souverän nicht weisungsberechtigt und daher auch nicht für sein Handeln verantwortlich.)

Artikel 3 1. Die BRD und DDR Regierungen verzichten auf ABC-Waffen und versprechen, daß auch das “vereinte Deutschland” darauf verzichten wird. (Jetzt macht dieser Quatsch langsam Sinn – mit der Einschränkung von oben. Wenn BRD und DDR sich beide mit Unterschrift unter diesen Vertrag im “vereinten Deutschland” auflösen würden, bräuchten sie nicht separat versprechen, auf ABC-Waffen zu verzichten.)

2. BRD verspricht im Einvernehmen mit der DDR, die Truppen des vereinten Deutschlands zu reduzieren. (Wie können sie das, wenn sie nicht das “vereinte Deutschland” sind?)

3. Die Alliierten nehmen das zur Kenntnis.

Artikel 4 1. BRD und DDR versprechen, das “vereinte Deutschland” würde in einem Vertrag mit der SU den Abzug der Roten Armee bis 1994 regeln. (Das hat die BRD nach Einverleibung der DDR getan. Wenn die BRD nicht das “vereinte Deutschland” ist, hat sie treuhänderisch für dieses gehandelt?)

2. Die Alliierten nehmen das zur Kenntnis.

Artikel 5 1. Es werden bis zum Abzug laut Art. 4 nur deutsche Truppen in der ehemaligen DDR stationiert, die nicht in die Nato eingebunden sind. (Das war Bedingung der SU. Sie hat also ganz klar das Feld für die Nato geräumt.)

2. “Auf deutschen Wunsch” bleiben bis zum Abzug laut 4. auch die Truppen der anderen Streitkräfte in Berlin stationiert – auf der Grundlage eines Vertrages zwischen der Regierung des “vereinten Deutschlands” und den Regierungen der jeweiligen Streitkräfte. (Das geht wieder nur, wenn die BRD treuhänderisch für das “vereinte Deutschland” handelt.)

3. Nach Abzug darf die Nato rein, aber keine Atomwaffen in der ehemaligen russischen Zone.

Artikel 6 Das “vereinte Deutschland” darf beliebig Bündnissse eingehen.

Artikel 7 1. Die Alliierten beenden ihre Besatzungshoheit über Deutschland als Ganzes und Berlin und werden ihre Besatzungseinrichtungen auflösen. (Die Alliierten gehen, die BRD bleibt.)

2. Das “vereinte Deutschland” hat volle Souveränität über alle seine Angelegenheiten. (Die das theoretisch souveräne Deutschland treuhänderisch vertretende BRD aber nicht.)

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Der Rest sind vertragstechnische Fragen. Mir scheint es wirklich gerechtfertigt zu sein, diesen Vertrag so zu betrachten, also mit Deutschland (Land und Leute) als der Souverän, über den hier entschieden wird. Wenn es ein ehrlicher Vertrag wäre, hätten sie am Anfang eine Begriffsdefinition vorgenommen. Auch das hat mich immer gewundert. Jeder popelige Mietvertrag definiert vor dem Text, wer und was mit welchem Begriff gemeint ist. Aber nicht der Geschichte schreibende 2+4-Vertrag …

Wenn einem ausdrücklich Souveränität (zurück)übertragen wird, muß man sie genauso ausdrücklich annehmen und für sich beanspruchen, bevor man sie ausüben kann. Dem beschnittenen Deutschland wurde die volle Souveränität zurückgegeben, aber es hat sie nicht für sich angenommen – mangels souveränem Vertreter. Mangels souveräner Vertreter, also Plural?

Moment: Wenn Deutschland nicht nur Land, sondern auch Leute sind, dann haben die Alliierten mit dem 2+4-Vertrag auch dem deutschen Volk die Souveränität zurückgegeben. Da sich das deutsche Volk aber für BRD-Staatsangehörige hält, können sie ihre Souveränität nicht in Anspruch nehmen. Ist es vielleicht so einfach? Haben wir längst, was wir brauchen, man verschweigt es uns nur, damit wir es nicht benutzen?

Aber nein, das deutsche Volk ist nicht souverän. Denn das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sagt in der Präambel klar und deutlich, daß es das Grundgesetz für das deutsche Volk ist. Also stehe ich mit meinen Gedanken wieder an der alten Stelle: Nur das Territorium Deutschland hat seine Souveränität zurückbekommen. Aber keiner nutzt es, keiner proklamiert es für sich, dieses souveräne Territorium eines noch nicht existierenden souveränen deutschen Staates mit einer noch nicht existierenden Regierung. Die Bundesrepublik erklärt die Bundesländer in keinem mir bekannten juristischen Dokument oder Akt zu ihrem Staatsterritorium. Das wird nur immer in allen möglichen Publikationen erklärt, beschworen, angenommen und vorausgesetzt, eine nachweisliche rechtliche Grundlage sehe ich nicht. Vielleicht kommt ja noch jemand, der mir das entsprechende Dokument zeigen oder den “Staatsakt” benennen kann.

Das Volk, das dieses Land überhaupt erst “wertvoll” macht, weil nur Menschen Werte schaffen und ermessen können, ist dagegen noch nicht souverän, und die selbst nicht souveräne Bundesrepublik beansprucht dieses Volk per Grundgesetz für sich.

Die Besatzer sind (fast) weg, aber das von ihnen in Auftrag gegebene und von ihnen genehmigte und nur dadurch in Kraft getretene Grundgesetz ist noch da und gilt weiter für das nicht souveräne, unterworfene Volk. Nirgends wird gesagt, dem deutschen Volk sei seine Souveränität zurückgegeben worden, es sei nun wieder ein vollwertiges, gleichberechtigtes Mitglied der “Völkergemeinschaft”. So etwas muß ausgesprochen werden, sonst findet es nicht statt.

Wer sich von seiner bisher immer angenommen juristischen Identität mit der BRD-Person gleichen Namens lossagt, muß als deutscher Volkszugehöriger damit logischerweise Vertreter des voll souveränen, vereinten, aber bisher von niemandem vertretenen Deutschlands sein, das NICHT mit dem Deutschen Reich identisch sein kann, weil der Staat Deutsches Reich seit dem 23.05.1945 nicht mehr  existiert, sonst hätte die BRD nicht geschaffen werden können. Jeder deutsche Volkszugehörige, der sich zum Souverän, zum freien Menschen erklärt, wäre dann befugt, als Souverän des vereinten Deutschlands das vereinte Deutschland in seinen Grenzen aus dem 2+4-Vertrag zu vertreten, bis wieder staatliche Strukturen für Land und Leute geschaffen sind.

Was geschehen muß, ist ein Zusammenschluß all jener, die laut Grundgesetz deutsche Volkszugehörige sind und die ihre Personenstandserklärung oder etwas Ähnliches abgegeben haben. Sie sind das souveräne deutsche Volk, das eine Nationalversammlung einberufen und eine Verfassung in Auftrag geben könnte. Werden diese Hundertausenden sich über ihre persönlichen Ambitionen hinwegsetzen und sich in ihrem gemeinsamen Interesse zu einer gemeinsamen Kraft vereinigen können?

 

http://freewomanontheland.wordpress.com/2012/04/30/770/